Der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, ZIA, wird die Erklärung zum „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen in Berlin“ nicht unterzeichnen. „Wir unterstützen das Ziel, in einem gemeinsamen Kraftakt Antworten auf die wachsende Wohnungsnot und den großen Mangel an bezahlbaren energieeffizienten Mietwohnungen zu geben. Wir haben uns über Monate in Berlin eingebracht. Wir konnten allerdings am Ende nicht vorbehaltlos alle Punkte mittragen“, sagt ZIA-Hauptgeschäftsführer Oliver Wittke. Der Verband hatte sich daher entschieden, die Erklärung zu unterzeichnen und drei „ernste Einwände“ in einer Protokollerklärung festzuhalten. Das aber habe die Berliner Senatsverwaltung nicht akzeptiert, so der ZIA.
„Dieses Ergebnis ist bedauerlich, denn nun erscheint das ,Ja, aber‘, zu dem wir uns durchgerungen hatten, wie ein bloßes ‚Nein‘. Das entspricht nicht unserer Haltung“, betont Wittke. „Gerade wegen der aufgeheizten Stimmung in Berlin hätten wir gern ein Zeichen für einen starken Schulterschluss gesetzt.“ Gleichwohl werde man in den kommenden Monaten und Jahren den Kurs der Regierenden Bürgermeisterin und des Stadtentwicklungssenators, neuen bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu schaffen, mit voller Kraft unterstützen.
Es sind vor allem folgende Punkte in der Bündnis-Erklärung, die für den ZIA eine vorbehaltlose Zustimmung verhinderten: Nettokaltmieten sollen künftig Haushaltsbelastungen von 30 Prozent des jährlichen Haushaltsnettoeinkommens nicht übersteigen. Private Wohnungsunternehmen mit einem Berliner Bestand ab 3.000 Wohnungen sollen sich verpflichten, beim Wiedervermieten 30 Prozent der Wohnungen an Haushalte zu vergeben, deren Einkommen so niedrig ist, dass Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein besteht. Auch die starren Auflagen der „kooperativen Baulandentwicklung“ setzen aus Sicht des Zentralen Immobilien Ausschusses zu enge Grenzen. „Wir können als Verband am Ende Fragen der Wirtschaftlichkeit nicht völlig ausblenden. Schließlich müssen unsere Mitglieder all das auch refinanzieren können“, sagt Wittke. Die Obergrenze von 30 Prozent des Haushaltseinkommens für die Miete sei ohnehin „realitätsfern“. Das mache schon der Blick auf Studentinnen und Studenten deutlich, bei denen „30 Prozent ihres Einkommens natürlich in den allerwenigsten Fällen für eine Miete reichen“, so der Hauptgeschäftsführer. Das Ganze könnte für die Studierenden zum Nachteil werden, weil ihnen erst gar keine Wohnungen angeboten würden.
Wittke erinnert daran, dass sich die Rahmenbedingungen in den letzten Monaten deutlich verschärft haben: Zusammenbrechende Lieferketten, steigende Baukosten, immer höhere Zinsen, eine Inflation, wie es sie seit den 70er Jahren nicht gegeben habe, Facharbeitermangel und unklare Signale zur Förderung energetischer Verbesserungen setzten der Branche zu. Russlands Angriffskrieg in der Ukraine schaffe zusätzliche Unsicherheit. Und der Bedarf wächst – Flüchtlinge aus der Ukraine brauchen eine menschenwürdige Unterbringung.
Die Entscheidung zum Berliner Bündnis habe für den ZIA „keinerlei Aussagekraft“ für das Bündnis, das auf Bundesebene unter Regie von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) nach Antworten auf die Wohnungsnot sucht. Wittke betont: „Wir sind hier weiter mit aller Kraft dabei. Und wir sind optimistisch, dass uns ein starkes gemeinsames Ergebnis gelingt.“ (DFPA/JF1)
Der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) mit Sitz in Berlin ist eine Interessenvertretung der deutschen Immobilienwirtschaft. Er hat die Verbesserung des wirtschaftlichen, rechtlichen, steuerlichen und politischen Umfelds der Immobilienbranche zum Ziel. Als Unternehmer- und Verbändeverband sind im Jahr 2006 gegründeten ZIA 30 Mitgliedsverbände zusammengeschlossen, die für rund 37.000 Unternehmen der Branche sprechen.